ZUM SCHULBEGINN:
Jetzt geht der Stress wieder los oder
dieses Mal doch ein entspanntes Schuljahr – vielleicht…
„Sie haben noch ein schulpflichtiges Kind? Aha, dann ist ihr Alltag also noch stressig und fremdbestimmt.“
Mit so ähnlichen Worten wurde ich vor kurzem von einem ehemaligen Schulinspektor angesprochen.
„Ich habe noch schulpflichtige Kinder und ja, sie haben vollkommen Recht.“, konnte ich ihm nur erwidern.
Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen und zwar zu 100%.
Sowohl in meinem beruflichen, als auch in meinem privaten Umfeld bin ich immer wieder, immer öfter mit diesem Thema konfrontiert.
Ich kann nicht mehr!
Schule macht uns alle miteinander fertig!
Was LehrerInnen verlangen ist nicht mehr schaffbar!
Wir haben schon Familienkrisen durch den Druck und Stress rund ums Thema Schule!
Das wird uns allen schon zu viel!
Solche und ähnliche Aussagen bekomme ich täglich zu hören. „Familie im Schulburnout“ könnte man glauben.
Warum nur ist das so?
Sollte die Schulzeit – eine Zeit der Entwicklung und Reifung zum Erwachsenen – nicht eine Zeit der prägenden, positiven, ermutigenden, hilfreichen Erfahrungen sein?
Sollten sich Schüler in dieser Zeit nicht erfahren, erproben, kennen lernen, ausprobieren dürfen? Lob, Ermutigung und Anerkennung erfahren, sich selbst und seine Lebensaufgabe finden können, um so zu einem wertvollen Menschen für diese Erde heranreifen zu können, sollten vorrangige Ziele sein.
Ich hätte den Sinn des Lebens so verstanden und viele meiner Mitmenschen, mit denen ich mich austausche, ebenso.
Aber der Alltag sieht leider anders aus.
Unsere Schüler sind – schon in der ersten Klasse Volksschule – starkem Druck und Stress ausgeliefert. Es wird verlangt, gefordert und gestresst.
Jedes Jahr erlebe ich in meiner Praxis immer wieder folgendes Phänomen:
Kinder, die ich schon aus der Kindergartenzeit kannte und sich auf die Schule freuten, kommen im Oktober oder November zu mir und gehen nicht mehr gerne in die Schule. Was ist nur in diesen zwei Monaten passiert? Zwei Monate und die Freude ist weg, der Frust ist da!
Warum kommen Kinder nicht mit strahlenden Augen, motiviert und voller Freude zu mir und erzählen mir, dass es schön ist, dort wo sie jetzt sind? Warum berichten sie mir nicht, dass sie Dinge ausprobieren dürfen, Erfahrungen machen, gefördert werden und VOLLER FREUDE LERNEN? Kinder hätten das nämlich in sich angelegt?
Dann geht es weiter mit Kompetenzen, standardisierten Tests und Zentralmatura. Das hört sich alles sehr fortschrittlich und gut an. Aber ob es wirklich gut ist, das ist eine andere Frage! Bringt das den Schülern wirklich so viele Vorteile und lernen sie dadurch mehr, und vor allem leichter und lieber? Ich wage das mittlerweile zu bezweifeln!
Für Schüler sind diese Überprüfungen anonym – anscheinend. Für LehrerInnen sind sie das ganz sicher nicht. Denn auf jedem Test steht die Klasse und der Jahrgang, folglich kann man ganz leicht herausfinden, welche/r LerhrerIn in dieser Klasse in diesem Jahr unterrichtet hat. Und kein/e LehrerIn möchte, bei diesem Ergebnis schlecht abschneiden. Das würde ich ehrlich gesagt auch nicht wollen. Nur was passiert nun. LehrerInnen geraten unter Druck und versuchen den Schülern in möglichst kurzer Zeit, möglichst viel Stoff beizubringen. Ein gefährlicher Kreislauf! Druck erzeugt Gegendruck, der schlussendlich auf dem Rücken bzw. den Gehirnen und der Seele unserer Kinder ausgetragen wird.
Wo, so frage ich mich, bleiben in dieser Entwicklung Gefühl, Mitmenschlichkeit, Gemeinsamkeit und Freude? Attribute, die fürs Lernen unabdingbar sind, aber, so scheint es, immer mehr verschwinden. LehrerInnen sollten Begleiter und Freunde für unsere Kinder sein, die sie unterstützen und ermutigen, damit diese selbständig ihr Lernziel erreichen. Einheitliche Tests gepaart mit Druck und Stress lassen dies wahrscheinlich sehr wenig zu.
Was läuft da schief?
Ich will in diesem Bericht einmal nicht den LehrerInnen die Schuld geben und möchte mein Augenmerk heute anderen Themen zuwenden. Denn ich bin auch mit vielen (engagierten, begabten, motivierten, liebevollen…) LehrerInnen im Gespräch und ich kann verraten, dass es denen auch nicht gut geht. Warum? Sie leiden unter Druck, Stress und Überforderung von „oberer Stelle“.
Wer ist nun aber diese obere Stelle – die Gesellschaft – wie wird sie gebildet und was macht sie aus?
Ich weiß, es ist ein Leichtes das ganze Dilemma auf die Gesellschaft zu schieben. Das will ich auf keinen Fall tun. Zu diesem „Schul-Druck-Stress-Dilemma“ auf das wir uns zubewegen oder schon mitten drinnen sind, gehören viele verschiedene Faktoren.
Ich möchte aber heute die Situation, aus Sicht der Gesellschaft – sprich von uns selber – betrachten.
Warum sind unsere Schüler so viel Druck, Stress und Anforderungen unterworfen? Weil wir das so wollen! Wir möchten einen hohen Lebensstandard, Geld, tolles Gewand, das beste Essen, einen oder zwei wunderbare Urlaube, viele Freizeitaktivitäten, Handy, Computer uvm. Das kostet Geld, viel Geld. Unsere Kinder sollen sich das später auch einmal leisten können, vielleicht noch mehr. Dazu brauchen sie Geld und dafür natürlich einen ordentlichen Beruf. Aus unseren Kindern muss einmal etwas Ordentliches werden, damit sie sich dies alles leisten können und glücklich werden.
Denn, wenn sie es geschafft haben, dann haben wir es geschafft – geschafft, dass unsere Kinder es geschafft haben… Unser Selbstwert, den wir uns vor lauter „Haben-Wollen“ nicht anders bzw. anderwertig aufbauen konnten, ist klein und gehört erhöht. Über die Kinder schaffen wir das!
Das macht es Wirtschaft und Politik leicht, sie brauchen das Feuer nicht einmal mehr zu entfachen, das machen wir selber. So werden wir manipuliert, lassen uns manipulieren und der erschöpfende Kreislauf hat begonnen.
Das klingt jetzt alles provokativ, banal. „So einfach ist das auch wieder nicht!“, höre ich dich sagen. Vielleicht, vielleicht auch nicht!
Liegt es nicht doch zum Teil an uns selber, wie wir das Leben gestalten und fängt nicht bekanntlich der Frieden zu Hause an? Liegt es nicht auch an uns, die Situation wieder etwas zu entschärfen und in eine gesündere Richtung zu lenken?
Alleine kann dies des Rätsels Lösung nicht sein, da gebe ich euch allen Recht.
Aber es ist ein wichtiger und vielleicht der erste, alles entscheidende Schritt um die Situation wieder zu entschärfen und neue, angenehmere Wege anzubahnen. Denn, wenn wir Eltern nicht überall mitmachen, dann geht’s auch nicht…
Ich habe nach zwei stressigen Schuljahren beschlossen, es heuer anders zu versuchen. Ich will mich nicht mehr nur vom Schulsystem bestimmen lassen, sondern mit meinen Kindern friedlich zusammen leben, unser gemeinsames Sein genießen und versuchen unseren Kindern einen Rahmen zu geben, in dem sie sich
- wohlfühlen,
- entfalten und entwickeln können,
- ihre Lebensaufgabe erahnen, entfalten und entwickeln.
Und ich will mit ihnen LACHEN…
Hier sind meine Vorsätze für das Schuljahr 2017/18.
- ENTSCHLEUNIGUNG STATT BESCHLEUNIGUNG
Wir werden uns langsamer durch die Welt bewegen und lassen uns nicht mehr so hetzen. Es ist uns egal, wenn wir nicht alles haben und immer und überall dabei sind, es ist auch nicht so schlimm, wenn wir nicht alles schaffen, was wir uns vorgenommen haben. Man nimmt sich ohnehin immer zu viel vor.
Wir leben wieder langsamer.
- WENIGER IST MEHR
Wie schon erwähnt, es braucht nicht so viel. Wir brauchen nicht so viele Aktivitäten, Gewand, Essen, Abwechslung, Deko und was auch immer. Es muss nicht immer das Beste sein. Wir geben uns mit weniger zufrieden, genießen das dafür, weil wir wieder Zeit und Kapazität haben das aufzunehmen.
Wir genießen das Wenige, dafür intensiver, weil wir wieder die Energie dafür haben.
- GUT, ABER NICHT PERFEKT
Wenn die Kinder in die Schule gehen, aufpassen, ihre Hausübungen machen und ein wenig lernen (das ist ja ohnehin schon so viel), dann steckt für uns in der Note Genügend das Wort GENUG. Für uns reicht in Zukunft GUT, wir müssen nicht perfekt sein – nirgends. GUT reicht in unserer fortschrittlichen Welt vollkommen und die anderen sind uns egal.
Wir genügen uns GUT zu sein, das ist erreichbar und macht Freude.
- POSITIV VOR NEGATIV
Bevor ich negative Kritik übe, schaue ich auf das, was gut gelungen ist. Überall ist etwas gut gelungen. Das wir nicht ganz leicht sein, aber ich schaffe das. Beginnen muss ich vor allem bei mir selber und meinem Partner – zuerst ermutigen und loben und erst viel später das ansprechen, was man vielleicht besser machen könnte…
Wir schauen gut auf uns, auf das Gute in uns, denn das gibt Mut und motiviert.
- BAUCHGEFÜHL STATT HIRNGESPINST
Ich werde wieder viel mehr auf mein Bauchgefühl hören, der erste Impuls ist oft der richtige, der entscheidende Gedanke, der uns weiterhilft. Allzu oft lasse ich mich verunsichern von der Meinung anderer. Obwohl ich genau spüre und weiß, dass etwas anderes richtig wäre, mache ich das „was man halt tut“…
Wir hören auf unser Bauchgefühl und unser Herz, nehmen uns die Zeit zum Durchatmen und treffen anschließend unsere Entscheidungen – und dann stehen wir dazu.
Vielleicht kann ich einige Eltern ermutigen mitzumachen. Über Nachrichten freue ich mich sehr.
Ich berichte in regelmäßigen Abständen über meine Erfolge und Misserfolge, mein Scheitern, mein Wachsen und meine Erfahrungen.